Wettbewerb, 2022
Nutzung: Kultur & Museum
Bruttogrundfläche 350 m2
Visualisierungen: STUDIO SOZIA
Als städtebaulicher Vermittler zwischen den Bestandsbauten, dem westlichen Hochpunkt des Indemanns, den nördlichen Flachbauten des Restaurants und Kiosks sowie des östlichen Empfangsgebäude des Fußballgolfs, bildet der skulpturale Baukörper die neue, lebendige Mitte der Goldsteinkippe und fügt sich dabei mit Selbstverständnis in den bestehenden Kontext ein. Die ungerichtete städtebauliche Form des Kreises ermöglicht eine Orientierung des Entwurfs in alle Himmelsrichtungen und schafft so gezielte Sichtbeziehungen zum Tagebau, den umgebenden Gebäuden und den Freizeit-Attraktivitäten auf der Goldsteinkippe.
An der nordöstlichen Ecke des Baugrundstücks verortet erhält der Neubau eine attraktive, gut ersichtliche Adressierung und lässt gleichzeitig Raum für eine potentielle Erweiterung des Gebäudes in Richtung Süden. Aus dem Zusammenspiel von Indemann, Restaurant und dem runden Bauvolumen entsteht ein neuer Vorplatz. Bespielt durch die öffentlich nutzbare Fassade mit Sitzelementen und einem Trinkwasserbrunnen, wird die Aufenthaltsqualität gesteigert und die Grundlage für einen großzügigen und repräsentativen Vorplatz als Treff- und Sammelpunkt mit barrierefreiem und angemessenem Zugang zum Besucherzentrum „INDFO“ gewährleistet.
Der massiv anmutende, skulpturale Baukörper trägt dem Standort in unmittelbarer Nähe zum Tagebau Rechnung. Dabei sind Farbigkeit und Formsprache des Baukörpers von der während des Braunkohleabbaus entstanden Tagebaulandschaft abgeleitet und inspiriert. Die durch die Schaufelradbagger entstehende, die Tagebaulandschaft so maßgeblich prägende, geometrische Form spiegelt sich in der Formensprache der Fassaden und des Daches wider. Verstärkt wird diese Analogie durch die natürliche Ästhetik des Fassadenbaustoffs Lehm, welcher als Teil der Abraumprodukte direkt im angrenzenden Tagebau gewonnen wird. Das Dach, mit seiner sichtbaren Zinkblechdeckung erinnert dabei an die technische Komponente der maschinell bearbeiteten Tagebaulandschaft und passt sich zugleich der Materialität des Indemanns an. Der Sockel aus wiederverwendeten Klinkersteinen bildet mit seiner natürlichen rot-rosanen Farbe einen harmonischen Abschluss der Außenwand und formt in Kombination mit dem Dachüberstand und eingebauten Errosionsbremsen gleichzeitig den Konstruktiven Schutz des Stampflehms.
Während die äußere Form des Neubaus an die Vergangenheit des Standortes, den Braunkohleabbau erinnert, rückt im Inneren des Besucherzentrums die Zukunft des Strukturwandels, die Renaturierung, in den Vordergrund. Sinnbild hierfür wird der grüne Innenhof, welcher das Zentrum des Entwurfs bildet und zugleich den Grundriss zoniert.
Erschlossen wird das Besucherzentrum von der Nordseite über den großzügigen Vorplatz und die bestehende Zuwegung. Empfangen werden Besuchende im Foyer, welches mit Information, Kasse, Shop und Wartebereich ausgestattet ist und fließend in die angrenzenden Ausstellungsflächen über geht. Die interne Erschließung bewegt sich um den grünen Innenhof, schafft so einen offenen, großzügigen Raumeindruck und einen ständigen Bezug zum Leitbild des Entwurfes, der Renaturierung.
Direkte Sichtbezüge zur Umgebung sind an jedem Standort innerhalb des Entwurfes möglich. Präzise gesetzte Öffnungen Rahmen dabei die Ausblicke zum Tagebau, den neuen Vorplatz, dem Restaurant, dem Fußballgolf- und dem Minigolfplatz und über ein Oberlicht zur Aussichtsplattform des Indemanns.
In den introvertierteren Teilen des Grundrisses sind die öffentlichen Toiletten, welche sowohl von innen als auch von außen, außerhalb der Öffnungszeiten des Besucherzentrums zugänglich sind und der Geschäftsbereich mit Pausenraum, einer separaten Unisex Toilette für die Mitarbeitenden, Lager und Technikraum, integriert.
Der grüne Innenhof dient als Haupt-Exponat für den Strukturwandel und die damit einhergehende Renaturierung der Landschaft sowie als Leitbild der Ausstellung. Der Ausstellungraum zirkuliert um dieses grüne Biotop und kann mithilfe der großzügigen Hangflächen entlang der opaken Wandflächen und die in die Decke eingelassenen Schienensysteme zur Befestigung der Beleuchtung und Exponate, flexible bespielt werden.
Die Ausweitung der Ausstellungsfläche im südlichen Bereich des Gebäudes, auf halbem Weg durch die Ausstellung, kann für Vermittlungsformate u.ä. flexibel abgetrennt werden, wobei der Ausstellungsrundgang weiterhin intakt bleibt. Großzügige Verglasungen und die angrenzende Terrasse lassen den Außenraum nicht nur Teil der Ausstellung werden, sondern ermöglichen in den warmen Sommermonaten eine Erweiterung des Gruppenraums nach außen.
Natürliche Materialien wie der Boden aus Lehm-Terrazzo, die lehmverputzten Wände und Decken und die Holz-Alufenster sorgen für ein angenehmes Raumklima, eine freundliche Atmosphäre und einen hochwertigen Ausstellungsraum. Der farblich abgesetzte Bereich der oberen Wand- und Decken lenkt den Fokus dabei gezielt auf die Ausstellungsexponate.
Alle verwendeten Bauteile, größtenteils wiederverwendet oder aus nachwachsenden Rohstoffen, sollen bei einem potenziellen Rückbau des Gebäudes durch eine sortenreine Konstruktion dem Wertstoffzyklus ohne Downcycling rückgeführt werden. So werden Fundament und Sockel in vernakulärer Bauweise, statt aus Stahlbeton, aus wiederverwendeten Klinkersteinen hergestellt. Die Bodenplatte wird gepflastert.
Die Tragkonstruktion des Daches ist mit außenliegenden Auflagern und einer Mittelpfette mit einer wirtschaftlichen und ressourcenschonenden maximalen Spannweite von 7m geplant. Die tragenden Wände werden in Holzskelettbauweise errichtet, die Zwischenräume mit Holständern gefüllt, mit einer Hanfdämmung ausgefacht und mit Lehmbauplatten beplankt.
Für die Fassade aus Stampflehm-Fertigteilen werden die in der Region vorhandenen Lehmvorkommen, sowie den Aushub aus dem Tagebau und die Abfallprodukte von Abbruch und Neubauprojekten genutzt. Die zwei unterschiedlichen Fassadenelemente werden im Werk bereits mit Errosionsbremsen aus Trasskalkmörtel und Ankern zur Befestigung am Holztragwerk ausgestattet und bereits getrocknet auf die Baustelle gebracht um eine schnell und wirtschaftlich Montage zu ermöglichen. Lehm eignet sich durch seinen geringen Ressourcenverbrauch in der Herstellung und die einwandfreie Rezyklierbarkeit hervorragend zur Herstellung eines Vorzeigeprojekt des nachhaltigen und zirkulären Bauens. In Kombination mit einem Tragwerk aus Holz kann gleichzeitig dem Anspruch nach einem wirtschaftlichen, langlebigen und wartungsarmen Gebäudes Rechnung getragen werden.
Der Neubau setzt sich die Einhaltung hoher klimatischer Anforderungen, Ressourcenschonung und Klimaneutralität in Bau und Betrieb zum Ziel. Passive Maßnahmen, wie die Einbindung thermischer Gebäudemassen aus Lehm und Lehmputz zur Pufferung von größeren Wärme- und Feuchtemengen, sollen den Aufwand für technische Anlagen möglichst gering halten. Eine Fußbodenheizung und -kühlung dient als Wärmequelle oder Wärmesenke. Im Foyer und Ausstellungsbereich des Gebäudes wird ausschließlich natürlich und einbruchsicher mit Tür- und Fensterelementen gelüftet. Eine Querlüftung ist durch den nördlichen barrierefreien Zugang, neben dem Windfang und dem südlichen Austritt auf die Terrasse, gewährleistet. Raumhohe Fenster mit 3-fach Isolierverglasung versorgen die Räume mit natürlichem Tagesslicht. Ein konstruktiver Sonnenschutz durch tiefe Leibungen und Dachüberstände reduzieren externe Wärmelasten im Sommer und nutzen die tiefstehende Sonne im Winter. Die introvertierten Nebenräume werden per Luftnachströmung über Türschlitze aus dem Foyer mechanisch entlüftet.
Das Energiekonzept sieht in Verbindung mit einer Photovoltaikanlage, einer Batterieanlage zur Stromspeicherung und einer Luft/Wasser-Wärmepumpe zum Heizen und Kühlen einen energieautarken Betrieb vor. Auf dem zum Innenhof geneigten Dach werden Photovoltaikmodule angeordnet, die die Batterieanlage mit Wärmepumpe im Technikraum speisen. Um eine optimale Leistungszahl der Wärmepumpe im Winter zu erreichen wird die angesaugte Luft der Wärmepumpe unter den Photovoltaikmodulen vorgewärmt und die Wärmepumpe in Abhängigkeit der momentanen Stromproduktion durch die Photovoltaikanlage und dem Ladezustand der Batterieanlage betrieben. Das vom Dach abgeleitete Regenwasser wird in einer Regenwasserzisterne unterhalb des Innenhofes aufgefangen und zur Bewässerung des grünen Innenhofes, des rückwärtigen Gartens sowie als Grauwasser für die Toilettenspülung genutzt.
Um den Stromverbrauch im Gebäude zu minimieren werden LED-Leuchten eingesetzt die über die Stromversorgung der Batterieanlage betrieben werden. An den Waschbecken der Toilettenanlagen gibt es lediglich Kaltwasser, nur im barrierefreien WC und in der Teeküche ist ein elektrischer Kleindurchlauferhitzer geplant. Potenziell überschüssiger Strom im Sommer kann in den Ladestationen für E-Bikes und Elektroautos auf den Parkplatzflächen mit verwendet werden.