ein 3.Preis, Wettbewerb, 2023
Nutzung: Feuerwehrhaus & Kultur
Bruttogrundfläche 307 m2
Visualisierungen: STUDIO SOZIA
Das aktuelle Feuerwehrhaus kann die neuen Anforderungen des Feuerwehrbedarfplans nicht mehr leisten, sodass ein neues, zukunftweisendes und autarkes Gebäude geplant wird, welches die notwendigen Räumlichkeiten für die Freiwillige Feuerwehr Arnis, die Stadtarbeiter*in und einen multifunktionalen Schulungsraum enthält. Durch die städtebauliche Setzung des Neubaus entsteht, zusammen mit dem bestehenden Feuerwehrgerätehaus, ein neuer „Nachbarschafts-Platz“ für die Stadt, welcher gleichzeitig einen neuen Stadteingang formt. Das ehemalige Feuerwehrgerätehaus wird zum „Nachbarschafts-Haus“ umgenutzt und soll mit einer offenen Werkstatt und einem Gemeinschaftsraum mit Küche als neuer Treffpunkt der Arniser*innen dienen. In Anlehnung an den Grundriss des Bestandsgebäudes, orientieren sich Räume und tragende Wände zum neuen Vorplatz. Durch die funktionale Schichtung des Grundrisses in 3 Zonen können Feuerwehreinsatz und Veranstaltungen der Bewohner*innen zeitgleich und ohne Beeinträchtigung stattfinden. Die Empfangsgeste des Neubaus wird durch das giebelseitige Dach formuliert, welches sich, wie fast alle Gebäude in Arnis, orthogonal zu Straße orientiert. Mit drei leicht differenzierten Dachformen nimmt der kompakte Baukörper die städtebauliche Körnung von Arnis auf. Das durch das Material abgesetzte Dach des Bestandes, ein typisches Gestaltungselement in Arnis, wird neuinterpretiert auf das Gebäude übertragen. In der Farbigkeit orientiert sich der Neubau am Naturschutzgebiet und fügt sich mit dem gedeckten Grün natürlich in die grüne Umgebung ein. Die Fassade des Erdgeschosses setzt sich durch eine mit Besenstrich verputze Mauerwerkswand von der Wellblech Dachhaut ab.
Das Duo des bestehenden roten Nachbarschafts-Haus und dem neuen, grünen Feuerwehrgerätehaus Formen mit ihren Vordächern eine klare Eingangsgeste und Adressierung. Während die Erschließung des Nachbarschaftshaus direkt vom gemeinsamen Vorplatz entweder barrierefrei über die offene Werkstatt oder über die neue, großzügige Außentreppe erfolgt, wir der Neubau von Norden in unmittelbarer Nähe zu den Parkplätzen, barrierefrei erschlossen. Eine neue Ein- und Ausfahrt für die Feuerwehr wird südlich der bereits bestehenden Zufahrt, welche weiterhin für den Pkw Betrieb genutzt wird, integriert. Somit ist ein kreuzungsarmer Verkehr im Einsatzfall garantiert. Der Baukörper wird durch die tragenden Schotten in 3 Zonen gegliedert: den Gemeinschaftsbereich mit Foyer, Teeküche, Garderobe, Stuhllager und Büro, die von mehreren Nutzungen geteilten dienenden Räume wie Sanitär, Werkstatt und Umkleiden und den Einsatzbereich der Feuerwehr mit Stellplatz und Lager. Durch die intelligente Schichtung konnte ein kompakter Baukörper mit einem absoluten Minimum an Verkehrsfläche und einer klaren Orientierung zum öffentlichen Raum entwickelt werden. Die Falt- und Schiebetore der Fassade sorgen im Alarmfall für ein schnelles Ausrücken der Feuerwehr und unterstützen im Bereich des Gemeinschaftsraum gleichzeitig die fließende Erweiterung in den Außenraum. Der strukturelle Aufbau des Grundrisses sorgt für eine einfache Orientierung im Gebäude und eine klare Anordnung der Nutzungen zwischen der Feuerwehr, den Stadtarbeitern und der Gemeinschaft. Letzteres spannt am nördlichen Teil des Neubaus die Brücke zum Nachbarschaftshaus im Altbau.
Der Fokus beim Entwurf liegt baukonstruktiv klar auf dem Prinzip „Einfach Bauen“. Die verputzen Mauerwerkswände bestehen aus einer einschaligen Konstruktion mit Hochlochziegeln. Beim Dachtragwerk wird auf aufwendige und kostenintensive Konstruktionen mit Holzleimbinder und CNC gefrästen Bauteile verzichtet und auf eine einfachen Holz-Zangen-Konstruktion gesetzt, welche entweder halbvormoniert oder mit handelsüblichen Werkzeugen auf der Baustelle verschraubt werden kann. Die Aussteifung des Holzbaus erfolgt maximal wirtschaftlich und ressourcenschonend durch Windrispen und nicht mittels Plattenwerkstoffen. Der einfache Wand- und Dachaufbau mit sichtbar geschraubter Wellblechdeckung und monolithischen Mauerwerkswänden und die eingeschossige Bauweise ermöglichen eine geringe Bauzeit und einen wirtschaftlichen Bauablauf. Die Verbindungen der einzelnen Bauteile- und Bauteilschichten sind trennbar und zugänglich konzipiert. Somit ist ein einfacher Austausch und Reparatur der einzelnen Teile möglich und die Lebensdauer der Bauteilschichten erhöht sich. Auch die sortenreine Trennung und somit ein wirtschaftlicher und ökologischer Rückbau des Gebäudes kann dadurch sichergestellt werden. Durch die großen Fensterflächen in den Aufenthaltsräumen an den Ost- Westfassade und die Oberlichter im Bereich der Nebenräume ist eine optimale Tageslichtversorgung und somit eine Reduzierung des Stromverbrauchs garantiert. Durch die Reduktion der Fensterelemente entlang der Nord- und Südfassade konnte gleichzeitig ein hoch wirtschaftliches Verhältnis von opaker zu verglaster Fassadenfläche erreicht werden. Die thermische Trägheit der massiven MW-Wände sorgt für ein angenehmes Raumklima in den Sonnenmonaten ohne dass eine zusätzliche mechanische Kühlung nötig ist.
Der Neubau bedient sich der zwei Grundlegenden Prinzipien des nachhaltigen Bauens: dem einfachen (tragende Wände aus Mauerwerk ohne Dämmung, U-Wert 0,16) und dem sortenreinen (Dachaufbau mit zugänglichen, lösbaren Verbindungen). Die Materialien wurden als eine Synergie aus Ökologie (schlanke Vollholzträger, Lehmbauplatten- und Putz, Holzfaserdämmung) und Langlebigkeit (Wellblechfassade, Epoxidharzboden) gewählt. Das Gebäude soll ein Plusenergiehaus werden und der jährlich produzierte Strom der Photovoltaikanlage soll über das Jahr gesehen mindestens den Gesamtstromverbrauch des Neubaus abdecken. Der Einsatz eines BHKWs für die Wärme- und Stromversorgung ist für dieses Projekt aus wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll, im Sommer ergeben sich nur wenige Betriebsstunden auf Grund des geringen Warmwasserbedarfs. Sinnvoller ist eine Wärmepumpe mit der Energiequelle Außenluft und Deckenstrahlplatten an den Raumdecken, die mit einer niedrigen Heizungstemperatur betrieben werden können und die Räume kurzfristig auf eine angenehme Raumtemperatur erwärmen können. Die Stromversorgung für die Wärmepumpe soll über eine Photovoltaikanlage auf den Süddächern sowie eine Batterieanlage zur Strompufferung erfolgen. Der Stromüberschuss im Sommer könnte der städtischen Bevölkerung zur kostengünstigen Batterieladung für Auto oder Fahrrad zur Verfügung gestellt werden. Es ist angedacht, das Regenwasser des Neubaudaches in einer unterirdischen Zisterne zu sammeln und damit die WCs und Urinale im Alt- und Neubau mit Grauwasser zu versorgen. Das überschüssige Grauwasser könnte zusätzlich zur Blumen- und Baumbewässerung eingesetzt werden.